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Kundenevent 2018
Welche Herausforderungen bringt die digitale Revolution? Wie sicher sind unsere Daten in Übersee? Wie kann Europa sich angesichts immer schnellerer Innovationszyklen in der digitalen Welt behaupten?
Diesen und weiteren Kernfragen des Informationszeitalters war das diesjährige pom+Kundenevent gewidmet. Den rund 220 geladenen Gästen bot sich nach ersten entspannten Gesprächen beim Welcome Drink auf der Bühne des herrschaftlich eingerichteten Saals im Kaufleuten Zürich mit den Beiträgen von pom+Geschäftsführer Dr. Peter Staub und dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner, moderiert durch die Journalistin Anna Meier, ein Feuerwerk an Information, starken Meinungen und natürlich auch einer Prise Humor. Beim Apéro im Anschluss an die Veranstaltung ergab sich danach die Gelegenheit zu weiterführenden Gesprächen und spannenden Diskussionen.
Der Geschäftsführer von pom+ identifiziert den Wandel von starren zu dynamischen Strukturen, die veränderte Mobilität und den Trend zur Teilzeitarbeit als grosse Themen für die nächsten Jahre und bemerkt, das Zentrum der Welt seien immer öfter innovative Städte wie New York, London oder Berlin und immer seltener das scheinbar allmächtige Silicon Valley. Für pom+ seien nachhaltiges Bauen und Data Science heute besonders wichtige Tätigkeitsfelder. Es sei sowohl notwendig, einen Bau auf langfristige Effizienz auszulegen, als auch die Daten eines Gebäudes qualitativ und quantitativ zu sichern und auszuwerten.
Abschliessend bat Moderatorin Anna Meier Herrn Dr. Staub um seine Einschätzung zur Zukunft seiner Branche. Seine Antwort darauf war eindeutig: Es sei zwar bereits einiges in Bewegung, aber es gebe noch eine Menge zu tun!
Digitalisierung sei für Christian Lindner vor allen Dingen in drei Bereiche aufzuteilen (Wobei ein E-Ticket auf dem Smartphone zu keinem davon gehört, so der FDP-Vorsitzende): Künstliche Intelligenz, Dematerialisation und Dezentralisierung.
Künstliche Intelligenz sei der entscheidende Hebel der Veränderung und würde die Kapitalmärkte und die Kriegsführung (Stichwort: Cyberwarfare) massgeblich beeinflussen. Führend seien in diesem Gebiet China und die USA, die beide mehr oder weniger offen autoritäre Strukturen an den Tag legen würden. Lindner führt an, dass Europa hier stark zurückbleibe und Fachleute woanders hingingen. Er plädiert für eine staatliche Reaktion auf die aus KI hervorgehenden Bedrohungen und spricht sich für eine digitale Forensik und eine internationale UN-Charta zur Regulierung künstlicher Intelligenzen aus.
Beim Thema Dematerialisation führt Autoenthusiast Christian Lindner das autonome Fahren und vor allen Dingen die Shared Economy als Beispiele an. Die Digitalisierung mache in vielen Fällen den Besitz von Gegenständen überflüssig und lasse die Linie zwischen Produkt und Dienstleistung verschwimmen. So sei es früher darum gegangen, ein möglichst schönes Auto zu besitzen, wohingegen heute der Komfort im allgemeinen Umgang mit dem Fahrzeug im Vordergrund stehe und den Besitz des Fahrzeugs teilweise völlig überflüssig mache.
Der dritte Aspekt, die Dezentralisierung lasse Intermediäre wie beispielsweise Banken verschwinden. Der Elefant im Raum sei dabei natürlich die Blockchain, jene Technologie, bei der Wissen nicht an eine Stelle, sondern dezentral und fälschungssicher im gesamten Netzwerk gelagert ist. Auch hier drohe Europa ins Hintertreffen zu geraten, habe allerdings, so Lindner, noch eine realistische Chance.
Der FDP-Vorsitzende bezeichnet die Digitalisierung als «fundamental alles ändernde zweite industrielle Revolution» und stellt fest, dass die richtige Reaktion darauf nicht etwa Angst sei. Die Entwicklung sei viel mehr positiv, sofern die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen würden. Jobs würden nicht verschwinden, sondern lediglich verlagert. Um das zu gewährleisten, seien allerdings Konzepte zum lebensbegleitenden Lernen erforderlich. Allgemein müsse Bildung in Europa individueller und digitalisierter werden. Vorbildfunktion habe dabei der asiatische Raum.
Christian Lindner kritisiert, die Wirtschaft verstehe die Digitalisierung nicht. Es seien radikale Änderungen in der Führungskultur notwendig. Weg von Befehl und Gehorsam, hin zu mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Dies gelte auch für das Verhältnis von Staat und Bürgern. Der Staat müsse Ziele und Regeln vorgeben und den Markt verschiedene Lösungsansätze ausprobieren lassen. Hierfür sei auch eine andere Fehlerkultur notwendig. Eine Fehlerkultur, die scheitern zulasse und zweite Chancen fördere.
«Eine kluge Industriepolitik für disruptive Technologien mit gesamteuropäischer Grundlagenforschung und dem Staat in einer Schiedsrichterrolle ist notwendig für die digitale Zukunft Europas», so Lindner. Spieler, die die Spielregeln diktieren und zu viele Elemente einer Wertschöpfungskette unter einem Dach vereinen, seien kartellrechtlich bedenklich und müssten unter Umständen reguliert werden, um einen gesunden Markt, in dem sich wirklich die besten Lösungen durchsetzen, zu gewährleisten.
Lindner fragt, warum die grösste Suchmaschine der Welt gleichzeitig auch noch die wichtigste Videoplattform des Internets betreiben sollte.
Im Umgang mit Daten vertritt der FDP-Chef eine klare Position: Auswerten, aber nicht irgendwie. Lindner fordert die Definition eines Datensouveränitätsrechts und die Schaffung eines digitalen europäischen Binnenmarktes, damit Unternehmen nicht mehr in der Lage seien, ihren Unternehmensstandort nach dem schwächsten Datenschutzrecht zu wählen.
Abschliessend fasst Lindner zusammen, es solle sich niemand fürchten, da bereits einiges im Gange sei. Europa habe aber aufgrund seiner humanistischen Tradition die Pflicht, autoritären Staaten auf der Weltbühne die Stirn zu bieten und für einen verantwortungsbewussten Umgang mit neuen Technologien einzustehen.
Nach dem Vortrag stellt sich Christian Lindner noch einigen Fragen des Publikums, nicht jedoch ohne vorher Dr. Peter Staub als unterstützenden Experten mit auf die Bühne zu holen. Die Frage reichen von einem Interesse an Lindners persönlicher Biographie und der Frage nach dem Ursprung seines rhetorischen Talents bis hin zum Workflow seiner Partei, die – wie Lindner stolz verkündet – hoch digitalisiert sei.
Impressionen
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