Gebäude der Zukunft setzen auf Transparenz: Jedes verbaute Element, vom Nagel bis zum Dachziegel, ist detailliert erfasst und dokumentiert. Dies ermöglicht eine gezielte Wiederverwendung von Baustoffen und zirkuläre Geschäftsmodelle. Im Zentrum dieses Ansatzes stehen Materialpässe. Sie bieten eine klare Übersicht über die verwendeten Ressourcen und erleichtern damit Entscheidungen für nachhaltiges Bauen.
Ein Gebäude ist mehr als nur ein Bauwerk - es ist ein Zusammenspiel von zahlreichen Materialien und Ressourcen. Genau hier setzen Materialpässe an. Sie dienen als Schlüssel zur Wiederverwendung von Bauteilen und gehen über die reine Dokumentation der einzelnen Bauelemente hinaus. Stellen Sie sich den Materialpass ähnlich wie ein digitales Kataster eines Gebäudes vor. Ein Materialpass enthält detaillierte Informationen über Baustoffe, deren Herkunft, Zusammensetzung, Umweltauswirkungen, Recyclingfähigkeit und weitere relevante Details. “Ein Materialpass verleiht den verwendeten Baumaterialien und Produkten einen Wert, der über den finanziellen Aspekt hinausgeht.”, sagt Dr. Ronny Meglin, Senior Consultant Circularity bei pom+Consulting. Wenn sie also mit Building Information Modeling (BIM) kombiniert werden, bieten sie Architekten und Bauherren eine umfassende Sicht auf alle Materialien in einem Gebäude. Diese Integration ermöglicht eine optimale Planung und Verwaltung des Gebäudelebenszyklus von der Konzeption bis zum Rückbau. Ausserdem erleichtert sie die objektive Bewertung der Nachhaltigkeit des Gebäudes. Durch den gemeinsamen Einsatz von Materialpässen und BIM wird eine transparente, effiziente und nachhaltige Baukultur gefördert. Diese Materialdatenbank ist also die Grundlage, um ökologische Daten aufzubereiten und im Zeichen der Kreislaufwirtschaft verwenden zu können.
Nachhaltigkeit trifft auf präzise Datenanalyse
Die Integration von Materialpässen in Gebäudeplanungen geht Hand in Hand mit dem Anstieg nachhaltiger Zertifizierungen im Bauwesen. Für Bauherren und Immobilieneigentümerinnen sind nachhaltige Gebäudezertifizierungen nicht mehr nur optional, sondern zusehends eine Frage der (potenziellen) Rendite und des Werterhalts. “Viele Konzerne mieten Liegenschaften oder Büroräume nur an, wenn diese über eine Zertifizierung verfügen”, sagt Dr. Ronny Meglin. “Da in den aktuellen Zertifizierungen, wie z.B. im neuen SNBS-Hochbau 2023, Kreislaufwirtschaft als transversales Thema gewürdigt wird, müssen sich die Eigentümer:innen Gedanken zum zirkulären Bauen machen und allfällige Nachweise erbringen”, fügt Dr. Meglin hinzu.
Da Materialpässe Gebäude transparenter machen und wichtige Daten aufbereitet werden können, vereinfacht dies den Zertifizierungsprozess enorm. Somit kann mit Daten belegt werden, wie nachhaltig und kreislauffähig ein Gebäude und deren Materialien sind. Materialpässe sind daher für Eigentümer:innen in der nahen Zukunft essenziell, um die wichtigsten Regulierungen und Anforderungen zu erfüllen und attraktiv im Markt zu bleiben. Durch die genaue Dokumentation und Datenanalyse, die der Materialpass ermöglicht, können zudem Optimierungen in der Projektierung erkannt und umgesetzt werden. Zum Beispiel können mithilfe eines Materialpasses in der Planung mehrere Bauvarianten verglichen werden und die effizienteste, nachhaltigste Lösung umgesetzt werden. Die Kreislaufwirtschaft, bei der Materialien möglichst effizient wiederverwendet und somit Ressourcen geschont werden, rückt dadurch stärker in den Fokus.
Schlussendlich ist es die Kombination aus Nachhaltigkeitsbestrebungen und präziser Datenanalyse, die den Materialpass zu einem wichtigen Werkzeug im modernen Bauwesen macht. Es handelt sich nicht nur um ein Dokument, sondern um eine pragmatische Strategie für zukunftsfähiges und ressourceneffizientes Bauen.
Wandel im Bewusstsein: Die grüne Revolution im Bau
Die Baubranche steht an der Schwelle zu einer neuen Ära. In einer Zeit, in der Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein im Zentrum stehen und regulatorisch begleitet werden, steht die Branche vor der Herausforderung, weniger Bauabfälle zu produzieren und ihre Praktiken im Sinn der Klimapolitik anzupassen. Materialpässe sind hierbei ein zentraler Baustein dieser Veränderung, sie sind ein Ausdruck eines tiefgreifenden Verständnisses für zukunftsgerechtes Bauen.
Besonders bei älteren Bestandsbauten gibt es eine Lücke im Datenbestand. Da diese Gebäude oft vor der Einführung systematischer Materialdokumentationen errichtet wurden, können ihre Daten nur durch das physische Begehen des Objekts und die Expertise von Fachleuten erfasst werden. Das ist zeit- und kostenintensiv.
Anbietermarkt für Materialpässe mit starker Dynamik
In der Schweiz hat sich Madaster durch innovative Lösungen und Engagement als führender Anbieter für Materialpässe etabliert. Ihr Vorstoss in diesem Bereich hat nicht nur für Transparenz in der Bauindustrie gesorgt, sondern auch die Wichtigkeit von Materialpässen ins allgemeine Bewusstsein gerückt.
Das Thema Materialpässe hat international an Bedeutung gewonnen, auch dank der Beiträge von Madaster. Es entstehen vielfältige alternative Lösungen und Plattformen, die den Markt bereichern. Ein breiteres Angebot kann zu weiteren Innovationen führen, ohne dabei die Qualitätsstandards zu vernachlässigen, die Unternehmen wie Madaster gesetzt haben.
Ein vielseitiges Ökosystem von Anbietern digitaler Materialkataster trägt zur Qualität und Genauigkeit der Datenerfassung bei. Es ermöglicht unterschiedliche Perspektiven und Ansätze, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Bauwesen voranzutreiben.
Der Materialpass als Grundlage für die Zirkularität
Die Integration des Materialpasses in die Frühphasen des Planungsprozesses ist unabdingbar, um die effizientesten Bauvarianten zu finden. Dank des Zugangs zu umfangreichen Materialdaten können Architektinnen, Bauherren und Investorinnen von Beginn an fundierte und nachhaltige Entscheidungen treffen. Diese Daten bieten nicht nur wertvolle Informationen bezüglich Kosten und Qualität, sondern auch die Möglichkeit, den ökologischen Fussabdruck eines Bauprojekts präzise zu evaluieren und zu optimieren.
“Der Zirkularitätsindex erweist sich dabei als unverzichtbares Tool. Durch ihn lässt sich konkret messen, inwieweit Materialien in einem Gebäude wiederverwendbar sind”, erklärt Ronny Meglin und weiter: “Ein hoher Wert im Zirkularitätsindex signalisiert nicht nur eine umweltfreundliche Bauweise, sondern weist auch darauf hin, dass das Gebäude für die Zukunft gut gerüstet ist – sowohl in ökologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. “
Ein weiterer Vorteil dieser frühen Integration eines Materialpasses in die Gebäudeplanung ist die Möglichkeit, verschiedene Bauvarianten zu planen und direkt miteinander zu vergleichen. Mithilfe des Zirkularitätsindex können verschiedene Entwürfe und Materialkombinationen analysiert und bewertet werden. Das ermöglicht es den Beteiligten, die nachhaltigste und wirtschaftlichste Lösung für ihr Projekt zu identifizieren und umzusetzen. Daraus ergibt sich eine Win-Win-Situation für die Umwelt und den Geldbeutel.
Materialpässe bieten eine umfassende Übersicht über Baustoffe und ihre spezifischen Merkmale. Diese genauen Daten können als Grundlage für umweltbewusstes und ressourcenschonendes Bauen genutzt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es kontinuierliche Bemühungen, innovative Ansätze und ein tiefes Verständnis für Umweltschutz. Das Ergebnis? Bauten, die sowohl den aktuellen als auch den zukünftigen ökologischen Anforderungen gerecht werden.
So unterstützt Sie pom+ in diesem Thema:
Wir dokumentieren die von Ihnen verwendeten Materialien, Bauteile und Produkte und erfassen die dafür notwendigen Datensätze im Material Kataster der digitalen Plattform Madaster.
- Definition der (BIM-)Anforderungen
- Festlegen der notwenigen Daten(-Qualität) im BIM-Modell
- Verknüpfung des BIM-Modells in Madaster (oder vergleichbar)
- Erstellen und Verifizieren eines Materialpasses
- Fachberatung Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit in Planungs- und Bauprojekten