Data & Digital

Smart, sinnvoll, sicher? Anforderungen von Smart Buildings an die Betriebssicherheit

21.05.2024
Reto Cajacob

Schliessen sich vernetzte Gebäude und Betriebssicherheit gegenseitig aus? Während Smart Buildings zweifellos neue Möglichkeiten für Effizienz, Komfort und Nachhaltigkeit bieten, stellen sie auch erhöhte Anforderungen an die Betriebssicherheit. Eine sorgfältige Planung ist unabdingbar.

Die Digitalisierung von Immobilien schreitet voran. In Anlehnung an den Stufenplan von digital Schweiz/buildingSMART Switzerland werden Gebäude zunehmend mit vernetzten Systemen gebaut. Diese sogenannten Smart Buildings nutzen die Grundlagen des Internet of Things (IoT) und sind mit einer Vielzahl von Sensoren und vernetzten Geräten ausgestattet.

Beispiel einer Systemlandschaft für eine Überbauung mit ca. 400 Wohnungen | © pom+Consulting AG

Intelligente Gebäude und ihre Vorteile

Alle Beteiligten ziehen Nutzen daraus: Immobilieneigentümer können das Gebäude effizienter betreiben, was sowohl den Mietparteien als auch der Umwelt zugutekommt. Leichter gesagt als getan. Es gilt, die richtigen Strategien zu entwickeln, um Big Data, künstliche Intelligenz und selbstlernende Systeme nutzbar zu machen. Gleichzeitig müssen moderne Gebäude über den ganzen Lebenszyklus wirtschaftlich sein nicht nur bei der Erstellung, sondern auch im Betrieb. Im Bereich der Wohnungen, Smart Home genannt, ist z.B. die Steuerung von Licht, Klima und Sonnenschutz über ein integriertes System mittlerweile weit verbreitet. Dass Video-/Gegensprechanlagen durch Smartphones ersetzt werden und der eigene Energieverbrauch online überwacht und optimiert werden kann, ist (noch) die Ausnahme.

Das smarte Büro, das sogenannte Smart Office, bietet zusätzlich Mehrwerte für den Betreiber, indem z.B. mittels Sensoren und einer entsprechenden App nur die effektiv benutzten Arbeitsplätze und Sitzungszimmer gereinigt werden. Auch der Nutzer greift auf eine App zurück. Sie regelt den Zutritt, ermöglicht die Reservierung von Arbeitsplätzen, Sitzungszimmern oder Besucherparkplätzen oder zeigt an, wie lange die Schlange im Personalrestaurant ist.

Smarte Gebäude benötigen vernetzte Systeme

Damit solche Anwendungen funktionieren, müssen die eingesetzten Systeme jedoch vernetzt werden. Und da liegt mitunter die grösste Herausforderung von Smart Buildings. Denn diese Interkonnektivität bedingt selbst im Wohnungsbereich in der Regel mehr als zehn technische Schnittstellen. Dabei werden für den Betrieb wichtige Daten über bis zu vier Schnittstellen übertragen zum Teil auch sensible Mieterdaten. In grösseren Gebäuden benötigen die meisten Systeme jeweils einen Server und sind an das Internet angeschlossen.

Und die Betriebssicherheit?

Die Baubranche fokussiert sich auf die Durchgängigkeit der Wertschöpfungskette im Rahmen der Planung und Realisierung von Gebäuden. Wie smarte Gebäude sicher und wirtschaftlich betrieben werden können, wird dabei leider bisher noch wenig beachtet. Denn der Betrieb von Smart Buildings ist deutlich komplexer als bei herkömmlichen Gebäuden:

  • Der Ausfall eines vernetzten Systems kann zu einem umfassenden Ausfall der Gebäudetechnik führen.
  • Die Fehlersuche bei systemübergreifenden Störungen ist extrem aufwendig.
  • Bei Updates von Systemapplikationen muss in Einzelfällen die technische Schnittstelle angepasst werden.
  • Der verantwortliche Hauswart ist durch die komplexe Systemlandschaft oft überfordert, was zu Fehlbedienungen und nicht lösbaren Ausfällen führen kann.

Ebenso wichtig ist eine ausgeklügelte Cybersecurity zum Schutz der Systeme, Netzwerke, Programme und Daten vor unautorisierten Zugriffen, Cyberattacken, Datendiebstahl oder Beschädigungen. Gerade unter dem Gesichtspunkt des neuen Schweizer Datenschutzgesetzes kann beim Datenschutz und bei der Datensicherheit einiges schiefgehen.

Sicherheitskritische Herausforderung

So gilt es, beim Mieterwechsel sicherzustellen, dass der Nachfolgemieter keinesfalls Zugriff auf sensible Daten des Vormieters hat. Bei der Verwendung von handelsüblichen Tablets muss gewährleistet sein, dass die Kamera und das Mikrofon nicht unerlaubt im Hintergrund verwendet werden. Sensible Daten müssen korrekt verschlüsselt werden, um Missbräuche zu vermeiden. Softwareupdates müssen möglichst zu Randzeiten und ohne Störung des Gesamtsystems ausgeführt werden. Abgesehen davon, hält die durchgehende Systemvernetzung auch andere Herausforderungen bereit.

So kann zum Beispiel der Ausfall des Internets zu einem Ausfall von wichtiger Gebäudetechnik (z.B. Licht, Wärme) führen. Auch wird die Mieterkommunikation häufig anspruchsvoller. Gerade im Wohnbereich sind insbesondere ältere oder beeinträchtigte Bewohner mit der Bedienung und Anwendung von smarten Systemen häufig überfordert, was schnell zu einem erhöhten Aufwand beim Betreiber und der Bewirtschaftung führt. Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit ist es ausserdem entscheidend, dass die eingesetzten Systeme zuverlässig und langlebig sind.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der klassische Lichtschalter, der problemlos über 30 Jahre lang seinen Dienst verrichtet. Im Gegensatz dazu hat der Touchscreen einer Smart-Home-Anwendung eine deutlich kürzere Lebensdauer er erreicht spätestens nach 15 Jahren das Ende seiner Lebensdauer, wobei bereits nach 10 Jahren die ersten Ausfälle auftreten können. Noch gravierender ist es, wenn der Systemlieferant die Unterstützung für das System nach nur wenigen Jahren wegen «End of Support» einstellt. Da solche Systeme in der Regel unbrauchbar werden, beispielsweise aufgrund fehlender Sicherheitsupdates, müssen sie ersetzt werden.

Reto Cajacob

Standortleiter pom+Basel

Hauswarte sind mit der komplexen Systemlandschaft oft überfordert, was zu Fehlbedienungen und nicht lösbaren Ausfällen führen kann.

Grundsätze bei der Planung und Inbetriebnahme

Schon bei der Planung von Smart Buildings muss der Grundsatz gelten: «Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch sinnvoll und smart.» Dazu ein Beispiel: Ist der Einsatz von digitalen Namensschildern an Briefkästen wirklich sinnvoll, wenn dafür eine technische Schnittstelle zur Übertragung der Mieternamen benötigt wird, aber erfahrungsgemäss nur rund 10 Prozent Mieterwechsel pro Jahr zu verzeichnen sind? Deshalb sind smarte Anwendungsfälle schon in der Planungsphase kritisch zu hinterfragen bestenfalls mit Unterstützung durch den Betreiber und die Bewirtschaftung.

Hochrelevant ist auch die Klärung der Daten- und Schnittstellenhoheit. Es ist wichtig, die Verantwortung für die Betreibung und Prüfung von technischen Schnittstellen vor der Erstellung klar zu definieren und die erforderlichen Prozesse eindeutig zu regeln. Damit kann verhindert werden, dass sich die verschiedenen Systemlieferanten bei Problemen mit den Schnittstellen gegenseitig die Schuld zuweisen.

Des Weiteren ist ein technisches Netzwerk als grundlegende Kommunikationsstruktur als Teil der Gebäudeautomationsplanung vorzusehen. Das ermöglicht den sicheren und geregelten Austausch zwischen den Systemen wie auch der Anschluss ans Internet. Punkto Datensicherheit lohnt sich die Zusammenarbeit mit Profis, um eine Datenstrategie aufzusetzen, welche die Sicherheitsaspekte, das Datenschutzgesetz und die Daten-Governance beleuchtet. Die aktuell auf dem Markt angebotenen Smart-Office- und Smart-Living-Systeme stammen häufig von kleinen Systemlieferanten, die sich erst vor Kurzem auf dem Markt etabliert haben. Im Rahmen der Systemausschreibung ist es erforderlich, dass diese Lieferanten die Einhaltung der aktuell geltenden Datenschutzgesetze bestätigen.

Zu guter Letzt ist es bei der Inbetriebnahme und Abnahme von Smart Buildings entscheidend, sicherzustellen, dass die Systeme in allen Betriebsarten reibungslos zusammenarbeiten. Neben umfassenden Tests beinhaltet dies auch das Testen im Offlinemodus. Das bedeutet, zu überprüfen, wie sich die Systeme verhalten, wenn es zu einem Internetausfall oder dem Ausfall einzelner Systeme kommt.

Wir müssen uns bewusst sein, dass die digitale Transformation und die damit verbundenen technologischen Entwicklungen unaufhaltsam voranschreiten. Heute werden bei jedem grösseren Bauprojekt digitale Komponenten integriert. Die Kosten können erheblich steigen, wenn dies unkoordiniert geschieht und ohne Berücksichtigung der Betriebsorganisation oder der Bedürfnisse der Nutzer.

Es stellt sich also weniger die Frage, ob ein Smart Building errichtet wird, sondern vielmehr, wie es umgesetzt wird. Denn sobald eine bestimmte Anzahl von digitalen Anwendungsfällen geplant ist, ist es sinnvoll, durch ausgewiesene Fachspezialisten ein übergreifendes Konzept dafür zu entwickeln und die grundlegenden Fragen im Voraus zu klären.


Smart Buildings sind das Fundament der vernetzten Welt von morgen. pom+ unterstützt Sie bei der Projektierung und Definition der digitalen Anwendungsfälle, damit die Bestellung von intelligenten Gebäuden und deren Integration in das eigene Immobilienportfolio zur Selbstverständlichkeit wird.

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