Immobilien

Effizienzgewinne oder Mehraufwand: Rentiert BIM finanziell?

28.10.2024

Patrick Pick

An BIM scheiden sich die Geister. Eine gängige Kritik sind die Zusatzkosten in der Erstellungsphase. Doch macht BIM das Bauen tatsächlich teurer? Diverse Untersuchungen kommen zum Schluss, dass sich der Einsatz finanziell lohnt – sofern die Grundlage stimmt.

Wer baut weiss: Es gibt kaum eine andere vergleichbare Tätigkeit, die mehr Zusammenarbeit, Iteration und Kommunikation erfordert. In der vernetzten Welt verläuft diese Kollaboration integriert, automatisiert und vor allem modellbasiert. Kein Wunder befindet sich Building Information Modeling (BIM) im Aufschwung: In der Digital Real Estate Studie 2024 von pom+Consulting bestätigen 40 Prozent von über 120 befragten Führungs- und Fachkräften, dass sie BIM bereits nutzen. Ein Fünftel (21 %) ist derzeit mit der Einführung der Methodik beschäftigt.

Dennoch: Das Bauen mit BIM ist nicht frei von Kontroversen. Zu komplex, zu teuer, zu technisch monieren viele Anwender und Bauherrinnen. Und stellen hinter vorgehaltener Hand die Frage, ob sich der Mehraufwand tatsächlich lohnt – sowohl bei der Erstellung als auch später im Betrieb.

Fünf Einflussfaktoren auf den ROI

Zahlreiche Studien und Untersuchungen zur Rentabilität von BIM bestätigen potenzielle Vorteile wie Zeiteinsparungen, verbesserte Planungsgenauigkeit und Kostensenkungen. Eine systematische Analyse von Sompolgrunk et al. (2021) hat dabei fünf zentrale Faktoren herausgearbeitet, die den ROI (Return on Invest) von BIM beeinflussen: Kosteneinsparungen durch bessere Planungsqualität, Produktivitätssteigerungen, Reduktion von Informationsanfragen und Nacharbeit sowie weniger Änderungsaufträge. Laut der Untersuchung können durch den Einsatz von BIM gar Einsparungen von 10 bis 20 Prozent erzielt werden, insbesondere bei komplexen Bauvorhaben.

Allerdings variieren die angegebenen ROI-Werte stark von Studie zu Studie. 2011 publizierte die American Society of Civil Engineers eine Untersuchung, die einen ROI ab 140 Prozent als realistisch einschätzte. Zwei Jahre später ermittelten Doktoranden der University of Florida hingegen Werte ab 16 Prozent. Diese Schwankungen sind auf die projektabhängige Natur von BIM zurückzuführen.

In der Praxis dürften die oben genannten Prozentangaben nicht realistisch sein. Wohl aber unterstreichen mehrere Fallstudien, dass der finanzielle Nutzen von BIM je nach Projekttyp variiert.

Infrastrukturprojekte mit BIM

Die empirische Erfahrung im Projektalltag zeigt, dass die Dauer von Bauprojekten mit BIM im Durchschnitt signifikant kürzer ausfällt als bei traditionell erstellten Objekten. Dies führt bei vielen Bauten zu Kosteneinsparungen durch geringere Kapitalkosten. Während die Planungsphase tendenziell höhere Kosten verursacht, können die Ausführungskosten in vielen Fällen gesenkt werden.

Damit steigt auch die Gesamtproduktivität, wie der Masterplan BIM Bundesfernstrassen (2021) des deutschen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur bestätigt, wenn auch mit einer Präzisierung: «[Es gilt] zu berücksichtigen, dass die Bauwirtschaft erst eine Hochlauf- und Investitionsphase durchlaufen muss, bevor Einsparpotenziale in vollem Umfang erreicht werden. Einsparungen durch erhöhte Planungsqualität und Mengensicherheit sind indes bereits kurzfristig realisierbar.»

In der Stromversorgungsbranche wurde ähnliches festgestellt. In einem laufenden Projekt zur Verteilung von Energie und Netzstabilität führt BIM zu verbesserter Planungsgenauigkeit, optimierter Kostenkontrolle und einer deutlichen Reduktion der Nachtragskosten. Konservative Schätzungen gehen von Kosteneinsparungen von 2 bis 5 Prozent in der Projektierung aus und veranschlagen die potenziellen Mehrkosten ohne BIM auf über 1.5 Millionen Franken. Die Einsparungen resultieren aus der nahtlosen Integration und Koordination aller Mitglieder im Projektteam sowie den Einsatz von Common Data Environments (CDEs), einer digitalen Umgebung, auf der sämtliche relevanten Informationen, wie Pläne, Modelle, Dokumente und Berichte, zentral gespeichert, verwaltet und für alle Projektbeteiligten zugänglich gemacht.

Effizienzgewinne und Produktivität

Auch der Direktvergleich zwischen zwei nahezu identischen Grossbauprojekten in der Nordwestschweiz zeigt, wie BIM rentabel sein kann. Das eine Bauwerk wurde nach «traditioneller» Methode, das andere mit BIM geplant und gebaut. Während das BIM-Projekt initial höhere Erstellungskosten verbuchte, führte der Einsatz der Methodik zu einer Reduktion der Nachtragskosten um 10 Prozent und damit zu deutlich tieferen Kosten in der Bauphase.

Autodesk Revit, eine bekannte BIM-Software, führte bereits 2014 eine Effizienzgewinn-Analyse durch, die auf einem ROI-Berechnungsmodell basiert. Dieses Modell berücksichtigt im ersten Jahr sowohl die Softwarekosten als auch die Arbeitskosten und die Produktivität. Dabei zeigt sich, dass der grösste Einfluss auf den Effizienzgewinn durch Produktivitätsverluste oder -gewinne entsteht. Im Durchschnitt konnten bei der Analyse von zehn Projekten Einsparungen von etwa 2 Prozent festgestellt werden.

Basis für den BIM-Erfolg

Aller Studienergebnisse zum Trotz ist BIM nicht per se als rentabel zu bezeichnen. Damit die modellbasierte Bauweise tatsächlich zu messbaren Effizienzgewinnen und Kostenreduktionen führt, müssen einige Grundlagen erfüllt sein.

Zu Beginn ist es entscheidend, klare Ziele für den BIM-Einsatz zu definieren und eine langfristige Strategie festzulegen, die den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks abdeckt. Dabei hängt der Erfolg von BIM massgeblich von der Qualität der verfügbaren Daten ab: Diese müssen vollständig, aktuell, konsistent und für alle Projektbeteiligten jederzeit zugänglich sein. Damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen alle Fachdisziplinen sichergestellt werden kann, müssen sie die relevanten Informationen in Echtzeit austauschen können.

Ein weiterer Faktor ist die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal mit ausreichenden BIM-Kenntnissen. Regelmässige Schulungen und Weiterbildungen sind unerlässlich, um den effizienten Einsatz der BIM-Technologie in Unternehmen sicherzustellen. Zudem müssen leistungsfähige und kompatible Softwarelösungen vorhanden sein, die Interoperabilität mit anderen Systemen ermöglichen. Einheitliche Standards und Richtlinien stellen sicher, dass alle Beteiligten nach denselben Regeln arbeiten, während eine frühzeitige BIM-Implementierung, idealerweise bereits in der Planungsphase, das Potenzial zur Kostenreduktion und Risikominimierung ausschöpft. Regelmässige Kontrolle, Anpassung und Feedback-Prozesse stellen sicher, dass BIM kontinuierlich optimiert wird und den gewünschten Return on Investment (ROI) erzielt.


So unterstützen wir Sie.

pom+ unterstützt Immobilieneigentümerinnen und Portfoliohalter bei der Entwicklung und Implementierung einer BIM-Strategie, sowie der Erarbeitung der daraus abgeleiteten Bestellgrundlagen für Bauvorhaben. Mit der Begleitung der Überführung und Qualitätssicherung der relevanten Daten in die Zielsysteme wird der Datenfluss von der Projektierung bis in den Betrieb sichergestellt.

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