Was kann die Immobilienwirtschaft von anderen Branchen lernen? Diese Frage stellen wir uns im Rahmen der neuen Studie von Swisscom und pom+ zu Digital Real Estate Platforms & Ecosystems (DREPE). In unserem Gast-Interview mit Alexander Petoud von SwissBorg beleuchten wir, wie eine plattformbasierte Vermögensverwaltung aus der Schweiz traditionellen Strukturen umkrempelt und damit grosse Erfolge feiert.
Die Blockchain-Technologie fristet ein Nischendasein in der Immobilienwirtschaft. Nicht so in der Finanzdienstleistungsbranche. Dank der Kryptotechnologie wurde damit ein neues System aufgebaut, das neben dem traditionellen Finanzwesen existiert und auch privaten Anlegerinnen und Investoren neue Möglichkeiten ermöglicht.
Im Interview beleuchtet Alexander Petoud, Chief Commercial Officer von SwissBorg, den Aufbau einer Blockchain-basierten Vermögensverwaltungsplattform und spricht über die damit verbundenen Herausforderungen und Erfolgsfaktoren.
Alexander, bitte erläutere kurz, was SwissBorg ist und welche Probleme die Plattform löst.
SwissBorg ist eine Blockchain-basierte Vermögensverwaltungsplattform, die es Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht, über unsere App in digitale Vermögenswerte zu investieren und sich über den Community-Token BORG an Governance-Fragen zu beteiligen.
Traditionelle Vermögensverwaltungsdienste sind oft komplex, teuer und auf vermögende Privatpersonen beschränkt. SwissBorg hat sich zum Ziel gesetzt, die Vermögensverwaltung zu demokratisieren, indem sie Spass macht, fair ist und die Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt. Mit unserer Online-Plattform ermöglicht wir allen, auf einfache Weise in Kryptowährungen zu investieren und diese zu verwalten - unabhängig von ihrem finanziellen Hintergrund oder ihrer Erfahrungen.
Eine Plattform für Einsteiger:innen und Krypto-Neulinge?
Mitunter. Unsere App zeichnet sich durch eine benutzerfreundliche Oberfläche aus und bietet die Vorteile dezentraler Finanzdienstleistungen in einer sicheren Umgebung und zum bestmöglichen Preis. Unsere Smart Engine aggregiert Daten von mehreren Börsen und stellt so sicher, dass die User die bestmöglichen Kurse erhalten.
Zudem bieten wir exklusive Investitionsmöglichkeiten in ausgewählten Themenbereichen, in denen die vielversprechendsten Kryptowährungen thematisch gebündelt sind. User haben ausserdem die Möglichkeit, passives Einkommen via Smart Yield-Konten zu erzielen.
Wie funktioniert die aktive User-Partizipation an der Plattform?
Der SwissBorg-eigene Token, BORG, spielt eine zentrale Rolle in unserem Ökosystem. Er wird für den Zugang zu Premium-Funktionen wie reduzierte Gebühren und höhere Renditen verwendet und für die Teilnahme an Governance-Abstimmungen. Die Stimmengewichtung ist dabei proportional zur Anzahl der gehaltenen BORG-Tokens.
Auf welche Herausforderungen seid ihr bei der Entwicklung der Plattform gestossen?
Eine der grössten Herausforderungen bei der Entwicklung der Plattform war die Skalierbarkeit. Mit der wachsenden Nutzerzahl mussten wir sicherstellen, dass die Performance stabil bleibt und Transaktionen reibungslos ablaufen. Auch die Sicherheit hatte und hat höchste Priorität. Es galt, starke Schutzmassnahmen zu implementieren, ohne die Benutzerfreundlichkeit zu beeinträchtigen.
Zudem mussten wir die Plattform an verschiedene regulatorische Anforderungen anpassen, insbesondere punkto Identifizierung und Überprüfung von Neukundinnen und Bestandskunden auf Basis geldwäscherechtlicher Anforderungen (AML). Hier stellte sich insbesondere die Implementierung von «Fiat-Gateways» als komplex heraus. Um eine nahtlose Integration der Umrechnung von handelsüblichen Währungen (Fiat) in Kryptowährungen zu gewährleisten, waren Partnerschaften mit zuverlässigen Zahlungsanbietern erforderlich, die mehrere Währungen verarbeiten und die Einhaltung globaler und regionaler Vorschriften gewährleisten können. Die Integration der Smart Engine mit mehreren Handelsplätzen war ebenfalls anspruchsvoll, da jede Börse unterschiedliche technische Anforderungen hatte.
Auf welchen Technologien baut die SwissBorg-Plattform auf?
Wir setzen auf Blockchain-Technologien wie Solana und Ethereum, wobei Solana für dezentrale Börsen und Smart Contracts verwendet wird und Ethereum die Grundlage für unseren BORG-Token bietet. Smart Contracts sorgen für eine automatisierte, transparente Abwicklung von Transaktionen.
Im Backend arbeiten wir hauptsächlich mit der Programmiersprache Scala, während Smart Contracts auf Ethereum und Solana in Solidity und Rust geschrieben werden. Unsere Sicherheitsinfrastruktur umfasst fortschrittliche Technologien wie 2FA und MPC, die verhindern, dass ein einzelner Fehlerpunkt die Krypto-Vermögenswerte unserer Nutzer:innen gefährdet. Wichtig ist, dass die Nutzergelder bei uns jederzeit 1:1 rückzahlbar sind, selbst im Falle eines Konkurses.
Ist künstliche Intelligenz auch ein Thema?
Ja, wir nutzen insbesondere maschinelles Lernen, um wichtige Aufgaben zu unterstützen. Beispielsweise hilft KI unserem AML-Team, Betrug aufzudecken, und unterstützt unser Support-Team bei der Beantwortung komplexer Nutzeranfragen.
Für uns ist der Einsatz von KI ein logischer nächster Schritt, um die Plattform weiter zu verbessern und wettbewerbsfähig zu bleibe. Wir zielen darauf ab, mit KI verbesserte Handelsalgorithmen zu entwickeln, die Marktbedingungen und Datenmuster noch präziser analysieren, um den Handel und die Erträge für unsere Nutzer zu optimieren. Auch eine personalisierte Benutzererfahrung durch massgeschneiderte Anlageempfehlungen und Inhalte ist denkbar, um das Nutzerengagement zu steigern. Zusätzlich könnte KI das Risikomanagement unterstützen, indem sie Marktabschwünge frühzeitig erkennt und Anlagestrategien dynamisch anpasst.
Welche Fähigkeiten hältst du für relevant, um eine digitale Plattform erfolgreich zu entwickeln?
Für mich ist der Schlüssel in erster Linie die Problemlösung. Das Produkt, das man anbietet, sollte die Antwort auf ein Bedürfnis oder ein Problem sein, das die Menschen haben, sonst wird es nie funktionieren. Und das ist eine Fähigkeit: ein Problem im täglichen Leben zu erkennen und eine Antwort darauf zu finden!
Eine weitere sehr wichtige Fähigkeit ist die Kompetenz, intuitive, benutzerfreundliche Schnittstellen zu schaffen und Nutzerforschung zu betreiben. Wenn das Produkt nicht einfach zu bedienen ist, wird es nicht angenommen. Natürlich müssen Sie auch in der Lage sein, die Produktentwicklung zu steuern, Prioritäten bei den Funktionen zu setzen und die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten. Und nicht zuletzt sorgen Marketing-Fähigkeiten in den Bereichen digitales Marketing und Community-Management dafür, dass Sie User anziehen und binden.
Aus welchem Fehler habt ihr beim Aufbau der Plattform am meisten gelernt?
Anfangs haben wir die Komplexität und den Zeitaufwands für die Einhaltung von Vorschriften in verschiedenen Ländern unterschätzt. Stattdessen lag unser Fokus stark auf der technischen Entwicklung, doch die vielfältigen und sich ständig ändernden regulatorischen Anforderungen erwiesen sich als deutlich anspruchsvoller, als wir erwartet hatten.
Diese Erfahrung hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, rechtliche und regulatorische Aspekte frühzeitig in den Entwicklungsprozess zu integrieren, anstatt sie nachträglich anzugehen. Zudem haben wir gelernt, dass ein starkes, engagiertes Rechts- und Compliance-Team unerlässlich ist, um Verzögerungen bei Produkteinführungen oder Markterweiterungen zu vermeiden.
Wie wichtig war der Zeitpunkt des Markteintritts für den Erfolg?
Das Timing spielte eine entscheidende Rolle für den Erfolg von SwissBorg. Als wir vor acht Jahren starteten, befand sich der Kryptowährungsmarkt gerade im Aufschwung, und SwissBorg konnte sich frühzeitig als seriöser Akteur positionieren, bevor der Markt von ähnlichen Plattformen überflutet wurde. Auch das wachsende Interesse an dezentralen Finanzlösungen (DeFi) fiel genau in unsere Entwicklungsphase und bot uns die Möglichkeit, diese Nachfrage optimal zu nutzen. Die Marktbedingungen, technologische Entwicklungen und das Verbraucherinteresse passten perfekt zusammen.
Eure Plattform lebt von den Nutzerinnen und Nutzern. Welche Massnahmen ergreift ihr, um die Basis kontinuierlich zu erweitern?
Richtig, eine wachsende Nutzerbasis sorgt für einen positiven Netzwerkeffekt, der die Liquidität des Tokens erhöht, die Handelseffizienz verbessert und die gemeinschaftsorientierte Governance fördert. SwissBorg setzt verschiedene strategische Massnahmen ein, um Neukunden zu gewinnen und die Bindung zu bestehenden Kundinnen zu stärken.
Dazu zählen regelmässige Produktinnovationen, starkes Engagement mit der Community durch Events und soziale Medien sowie Empfehlungsprogramme, um Wachstum durch Mundpropaganda zu fördern. Zudem setzt SwissBorg auf Partnerschaften, gezieltes digitales Marketing und die Lokalisierung von Diensten, um neue Märkte zu erschliessen.
Mit welchen B2B-Partnern arbeitet ihr zusammen und nach welchen Kriterien sucht ihr diese aus?
Wir arbeiten mit verschiedenen Partnern zusammen, um die Funktionalität, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit der Plattform zu verbessern. Dazu gehören Krypto-Börsen, Compliance und KYC/AML-Anbieter, Sicherheitsfirmen, Zulassungsabwickler und Anbieter von Blockchain-Technologie. Bei der Auswahl achten wir auf den Ruf, die Einhaltung von Sicherheitsstandards, eine nachgewiesene Erfolgsbilanz, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und Innovation.
Wie sind die Eigentumsverhältnisse innerhalb des Ökosystems geregelt und welche Monetarisierungsstrategien verfolgen ihr?
Die Eigentumsverhältnisse bei SwissBorg sind zweigeteilt. Einerseits liegt das rechtliche Eigentum bei einer Holding, deren Anteile von den Gründern, Investoren, Anlegerinnen und unserer Nutzergemeinschaft gehalten werden. Andererseits haben die Inhaber:innen des BORG Tokens, bestimmte Rechte und Vorteile, ohne jedoch Miteigentümer:innen zu sein.
Unsere Haupteinnahmequelle sind Transaktionsgebühren. Darüber hinaus generieren wir Einnahmen durch Partnerschaften, bei denen wir gemeinsam innovative Finanzprodukte entwickeln und vermarkten. Die Einnahmen werden so aufgeteilt, dass sowohl die Plattform als auch unsere Community davon profitieren. Ein Teil der Einnahmen fliesst in die weitere Entwicklung der Plattform, während ein anderer Teil mit unseren Partnern geteilt wird. Dieses Modell gewährleistet ein nachhaltiges Wachstum und stärkt die Beziehungen zu unseren Partnern.
Der Hypezyklus von Gartner ist ein Modell, das den Reifegrad, die Akzeptanz und das Potenzial von Technologien und Innovationen auf dem Markt einschätzt. Wo würdest du SwissBorg einordnen?
Ich würde sagen, dass SwissBorg wahrscheinlich in der vierten Phase, «Slope of Enlightenment», angekommen ist. Unser Fokus liegt auf praktischen Anwendungen, stetigem Wachstum und kontinuierlicher Verbesserung. Heute geht es darum, den realen Nutzen der Plattform hervorzuarbeiten, wie z.B. sicheres Vermögensmanagement, DeFi-Integration und Community-gesteuerte Governance.
Wir haben auf dem Weg dorthin definitiv viel gelernt! Bei der Gründung herrschte Aufregung um Blockchain und dezentrales Finanzwesen (DeFi). Der Schwerpunkt lag auf Innovation und dem Potenzial dieser Technologien, das traditionelle Finanzwesen zu verändern. Wir haben erkannt, dass der Enthusiasmus in der Anfangsphase durch realistische Erwartungen und einen soliden Geschäftsplan gedämpft werden muss, um ein langfristiges Wachstum zu gewährleisten.
Als der Kryptomarkt einen Abschwung erlebte, verblasste ein Teil des anfänglichen Hypes, was zu einer Phase der Skepsis und Herausforderungen wie regulatorischen Hürden und Marktvolatilität führte. Hier war die Lektion, dass Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Schlüssel sind. Um die Skepsis zu überwinden, muss man sich darauf konzentrieren, einen echten Mehrwert zu liefern, eine hohe Sicherheit zu gewährleisten und die sich ändernden Vorschriften einzuhalten.
Zum Abschluss; welche Ratschläge hast du für andere Unternehmen, die eine digitale Plattform mit externen Partner:innen aufbauen möchten?
Das ist eine schwierige Frage, denn wer sind wir, dass wir Ratschläge geben können? Aber ich würde sagen, man sollte sich auf drei Schlüsselelemente konzentrieren.
- Die Auswahl der richtigen Partner ist entscheidend: Wählen Sie Partner, die Ihre Vision teilen und Ihre Stärken ergänzen.
- Kommunizieren Sie klar: Sorgen Sie für einen offenen, konsistenten Informationsfluss, um Ziele und Erwartungen abzustimmen, und zwar von Anfang an.
- Definieren Sie die Rollen: Legen Sie die Zuständigkeiten klar fest, um Verwirrung zu vermeiden und Verantwortlichkeit zu gewährleisten.
Über den Experten
Alexander Petoud ist Chief Commercial Officer (CCO) bei SwissBorg, einem innovativen Fintech-Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das sich auf die Demokratisierung von Vermögensverwaltung durch Blockchain-Technologie spezialisiert. Er absolvierte seine Ausbildung im Bereich Business Management und Technologie und war in der Finanz- und Tech-Branche in verschiedenen Führungsrollen tätig.
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Ob Netto-Null, Prozessautomatisierung oder Prognosemodelle – der Schlüssel zum Erfolg liegt in den Daten. Dank Künstlicher Intelligenz wird ihr gezielter Einsatz für Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse greifbarer denn je. Doch noch stellt die Digitalisierung die Immobilienwirtschaft vor viele Herausforderungen. Ein Grund dafür ist die fragmentierte Applikationslandschaft mit vielen inkompatiblen Insellösungen, komplexen Schnittstellen und langwierigen Stammdatenerfassungen.
Wie finden wir einen Ausweg? Digitale Plattformen und Ökosysteme bieten einen spannenden Ansatz und gleichzeitig eine Chance für Immobilienorganisationen, technologiegetriebene Wertsteigerung zu realisieren.
Gemeinsam mit der Swisscom veröffentlicht pom+ dazu zum zweiten Mal die Studie Digital Real Estate Platforms & Ecosystems. Wir laden Sie herzlich ein, beim folgenden Event die zentralen Erkenntnisse aus erster Hand zu erfahren und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.