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Die Anforderungen und Auswirkungen der EU-Taxonomie, CSRD und SFDR an den Immobiliensektor

28.08.2024
Rebekka Ruppel

Europa macht ernst mit dem Ziel, als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Das zeigen die zunehmenden Vorschriften und Regulierungen im Bereich Nachhaltigkeit. Um den Überblick zu behalten und sich nicht auf Details zu versteifen, müssen Immobilienprofis die Zusammenhänge und Auswirkungen der wichtigsten Richtlinien kennen.

Vom saisonalen Einkauf bis zu Elektrofahrzeugen; nachhaltige Überlegungen gehören in weiten Teilen von Europa mittlerweile zum Alltag. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dieser Wandel im Anlagegeschäft: Immer mehr Menschen wollen ihr Geld nachhaltig anlegen. Allein in Deutschland hat sich das Anlagevolumen nachhaltiger Publikums- bzw. Investmentfonds innert zehn Jahren verzwanzigfacht auf rund 262,3 Milliarden Euro im 2023.

Das ist ganz im Interesse der Europäischen Union. Denn nachhaltige Finanzen sind der Schlüssel, um die notwendigen Investitionen für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, wie sie der Green Deal vorsieht, zu mobilisieren. Verschiedene Massnahmenpakete und Regulierungen stellen sicher, dass Kapital künftig vermehrt in nachhaltige Projekte und Unternehmen fliesst.

Für professionelle Immobilieninvestoren, Bestandshalterinnen und Vermögensverwaltungen ist es daher von entscheidender Bedeutung, das komplizierte Geflecht der Vorschriften und die Zusammenhänge zu verstehen. Dabei bilden die EU-Taxonomie, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) das Rückgrat der europäischen Agenda zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Förderung nachhaltiger Finanzen.

Die EU-Taxonomie: Ein Klassifizierungssystem für Nachhaltigkeit

Das Herzstück der EU-Nachhaltigkeitsstrategie ist die EU-Taxonomie. Dabei handelt es sich um ein Klassifizierungssystem mit Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Sie bildet den regulatorischen Rahmen, um Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken. 

Für den Immobiliensektor sind in diesem Zusammenhang insbesondere der Erwerb und Besitz von Immobilien, der Bau neuer Gebäude und die Installation energieeffizienter Technologien ausschlaggebend. Letztendlich soll dabei sichergestellt werden, dass die Investitionen zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele beitragen und die übrigen Ziele nicht wesentlich beeinträchtigen. 

Die Ziele der EU-Taxonomie sind: 

  1. Eindämmung des Klimawandels
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen

CSRD: Transparenz im Nachhaltigkeitsreporting

Nun sind die Ziele der EU-Taxonomie weit gefasst und die Beurteilung zur Zielerfüllung lassen einen gewissen Interpretationsspielraum zu. Hier greift daher die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Sie zahlt auf die Vergleichbarkeit der Berichterstattung ein, indem sie Unternehmen verpflichtet, nachhaltige Massnahmen standardisiert zu erfassen und auszuweisen. 

Ab 2026 müssen Unternehmen rückwirkend auf das Vorjahr CSRD-konforme Berichte veröffentlichen, wenn sie zwei der folgenden Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro, einen Nettoumsatz von über 50 Million Euro oder mehr als 250 Mitarbeitende. Dabei gilt die CSRD auch für nicht-europäische Unternehmen, die einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro die in der EU erwirtschaften und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung vor Ort haben. 

Die Direktive schreibt vor, dass Unternehmen sowohl qualitative als auch quantitative Daten zu ihren Nachhaltigkeitspraktiken vorlegen müssen, die sowohl historische Informationen als auch zukünftige Ziele umfassen. Die erforderlichen Leistungsindikatoren (KPIs) sind auf die EU-Taxonomie-Verordnung (Artikel 8) abgestimmt. 

Zu den anzuliefernden Daten gehören unter anderem: 

  • Direkte Emissionen (Scope 1)
  • Indirekte Emissionen aus Energieverbrauch (Scope 2)
  • Andere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (Scope 3)
  • Anteil an erneuerbarer Energie
  • Schadstoffemissionen in Luft, Wasser und Boden 

Es müssen aber auch diverse weitere Aspekte in Hinblick auf den Umfang der Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen, den Anteil Frauen in Führungspositionen, die Zusammensetzung und Diversität des Verwaltungsrats, die Prozesse zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten in strategische Entscheidungen oder die Kosten für Umweltmassnahmen und Compliance offengelegt werden. 

Das macht sie zum Knackpunkt für Immobilieninvestoren, Asset Manager und Bestandshalterinnen, aber vor allem auch CREM-Organisationen, denn die erforderlichen Daten sind im Immobiliensektor oft gar nicht oder wenn, dann spärlich verfügbar. Daher müssen oft Informationen aus verschiedenen Datenquellen angezapft, zusammengeführt, plausibilisiert und interpretiert werden, um der Berichtspflicht nachzukommen. 

SFDR: Nachhaltige Finanzierung vorantreiben

Die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (Sustainable Finance Disclosure Regulation) schliesslich ergänzt die EU-Taxonomie und die CSRD, indem sie verbindliche Offenlegungsanforderungen für Finanzmarktteilnehmer:innen festlegt. Die Vorschrift zielt darauf ab, die Transparenz darüber zu erhöhen, wie Nachhaltigkeitsrisiken in Investitionsentscheidungen integriert werden. 

Für Immobilienfachleute schreibt die SFDR die Offenlegung von Nachhaltigkeitsrisiken und der potenziellen negativen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren vor. Diese Verordnung verlangt von Asset Managern, ihre Berichterstattung an den technischen Prüfkriterien der Taxonomie auszurichten, um sicherzustellen, dass ihre Investitionen wirklich nachhaltig sind. 

Auswirkungen auf Immobilien

Das Zusammenspiel von EU-Taxonomie, CSRD und SFDR schafft einen umfassenden Regulierungsrahmen, der den Immobiliensektor insgesamt zu mehr Nachhaltigkeit antreiben dürfte. Im Vordergrund steht insbesondere die Angleichung der Standards: Die CSRD und die SFDR verpflichten Immobilienorganisationen, die Kriterien der EU-Taxonomie zu verwenden, um über ihre Nachhaltigkeitsleistung zu berichten.  

Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die technologische Umgebung. Immobilienunternehmen müssen robuste Datenmanagementsysteme einführen, um die detaillierten Berichtsanforderungen der CSRD zu erfüllen. Dazu gehört die Erhebung präziser Daten über Energieverbrauch, Emissionen und andere Nachhaltigkeitskennzahlen, die auch für die Einhaltung der SFDR unerlässlich sind. 

Um sich in diesem regulatorischen Umfeld zurechtzufinden, sollten Immobilieninvestoren und Vermögensverwalter: 

  • In Technologien investieren, die die Datenerfassung in Echtzeit und die Zentralisierung von Nachhaltigkeitskennzahlen erleichtern
  • Standardisierte Verfahren zur Datenvalidierung und Berichterstattung entwickeln, um die CSRD-Anforderungen zu erfüllen
  • Ihre Anlage- bzw. Immobilienportfolios prüfen und wo notwendig an die Kriterien der EU-Taxonomie angleichen, um die Einhaltung der CSRD zu gewährleisten (z.B. anhand von Nachhaltigkeitslabels auf Gebäudeebene) 

Den Ball ins Rollen bringen: Erste Schritte

Die EU-Taxonomie, die CSRD und die SFDR zielen gemeinsam darauf ab, ein transparentes und nachhaltiges Finanzsystem zu schaffen. Für den Immobiliensektor heisst das im Umkehrschluss, dass ein umfassendes Datenmanagement, strenge Berichterstattungsstandards und nachhaltige Investitionsstrategien eingeführt werden müssen.  

Jetzt ist Pragmatik gefordert! Statt sich von dieser Charta erschlagen zu lassen, lohnt sich, einfach mal zu starten. Am besten mit der CSRD, weil die zeitlich drängt. Wir empfehlen, beim initialen Setup mehr Wert auf das kontinuierliche Lernen und Anpassen zu legen als auf Perfektion. Ganz konkret: Die Ziele auf die eigene Organisation zuschneiden, aktuelle und geplante Massnahmen erfassen sowie geeignete Messgrössen und Kennwerte definieren. Wo diese Kennwerte noch fehlen, kann bis zum nächsten Berichtsjahr nachgebessert werden. 

Wir unterstützen gern dabei. 

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